La Leva di Archimede
Associazione di Consumatori per la Libertà di Scelta
Vicolo Monte del Gallo, 19/9 - 00165 Roma
http://www.laleva.cc


Rom, Februar 2001



Betreff: Nahrungsergänzungsmittel - Vitaminpräparate


Sehr geehrte(r) Abegordnete(r) des Europaparlaments,

La Leva di Archimede ist eine Vereinigung von Verbrauchern, welche sich die Erhaltung der Entscheidungsfreiheit in Sachen Gesundheit zum Ziel gesetzt hat. Dies schließt die Freiheit der Wahl alternativer Methoden der Gesundheitspflege ebenso ein, wie die Freiheit der Verwendung von Nährstoffen wie Vitaminen, Mineralstoffen, Fettsäuren und verschiedenen natürlichen Extrakten sowie Kräutern zur Erhaltung eines optimalen Gesundheitszustandes. Wir sind in Italien ansässig und arbeiten mit verschiedenen Vereinigungen und auch direkt mit Verbrauchern in anderen Ländern zusammen, um dieses Ziel zu erreichen.

Die europäische Kommission hat eine Direktive zum Thema der Nahrungsergänzungsmittel (Vitaminpräparate) zur Diskussion gestellt, die in diesen Tagen im Europaparlament behandelt und zur Abstimmung gestellt wird.

Der derzeitige Wortlaut der Direktive ist recht zweideutig. Die Direktive wird, wenn so verabschiedet, eine große Anzahl von heute verfügbaren Gesundheitsprodukten vom Markt fegen. Sie wird die freie Wahl der Verbraucher in Sachen Gesundheit einschränken und wird der Volksgesundheit schaden, indem eine hochwirksame Methode der Vorbeugung zerstört oder zumindest in ihrer Wirksamkeit stark eingeschränkt werden wird.

Die beiden Mechanismen, mit denen die Direktive den Zugriff zu Nahrungsergänzungsmitteln beschränken wird, sind eine sogenannte "positive" Liste der zugelassenen Nährstoffquellen, die im Anhang zu finden ist, und eine Beschränkung der Nährstoffdosierungen durch die Anwendung eines Verfahrens der toxikologischen Bewertung, die auf Nährstoffe eigentlich nicht anwendbar ist.

Die "positive" Liste

Dies ist eine geschlossene Liste von Nährstoffquellen im Anhang der Direktive zu der es im Artikel 4. 1 heißt, daß nur die Vitamine und Mineralstoffe im Anhang 1 und die Vitaminzubereitungsformen und die erlaubten Mineralstoffverbindungen im Anhang 2 bei der Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln Verwendung finden dürfen.

Infolgedessen werden viele der heute in natürlichen Gesundheitspro-dukten Verwendung findenden Nährstoffquellen nicht mehr verfügbar sein. Eine Liste der "vergessenen" Nährstoffquellen kann auf der Internet-Seite von La Leva di Archimede abgerufen werden:

http://www.laleva.cc/supplements/supplements.html

Im Artikel 4. 3 lesen wir dann, daß Änderungen der im Anhang enthaltenen Listen nach dem im Artikel 13 festgelegten Verfahren zu genehmigen seien. Das Verfahren wird im Artikel 13 selbst in einer nur schwer verständlichen Formulierung vorgestellt. Hier lesen wir, daß das im Artikel 5 der Entscheidung 1999/468/EC festgelegte Verfahren, unter Beachtung der Artikel 7 (3) und 8 derselben angewendet werden soll.

Um das Verständnis zu vereinfachen, soll hier gesagt werden, daß das Verfahren, auf das Bezug genommen wird, extrem kostspielig und sehr kompliziert ist. Wollen wir eine Substanz in die Listen im Anhang aufnehmen, so muß hierzu ein medizinisch wissenschaftliches Dossier zusammengestellt werden, das eindeutig beweist, daß durch klinische und toxikologische Untersuchungen die tödliche Dose der Substanz (LD50), die Pharmakokinetik, die metabolischen Transformationen und so weiter festgestellt worden sind. Nicht nur ist dieses Verfahren estrem kostspielig und langwierig, es bedeutet auch sinnloses Leiden und den Tod für hunderttausende von Versuchstieren im Labor, die in diesen Versuchen in grausamer Art einem Verlangen nach "Wissen" geopfert werden, das mit wirklicher Wissenschaft schon lange nichts mehr zu tun hat.

Nachdem das "wissenschaftliche" Dossier zusammengestellt und vorgelegt wurde, berät das wissenschaftliche Komittee für Nahrungsmittel (SCF) hinter geschlossenen Türen. Von der Entscheidung dieses Gremiums hängt es nunmehr ab, ob eine bestimmte Nährstoffquelle bei der Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden darf oder nicht.

Die nach dem Textvorschlag der Direktive jetzt schon erlaubten Nährstoffquellen (welche einer ähnlichen, unter den Bestimmungen der Direktive für eine spezielle Ernährung erarbeiteten Liste für Babynahrung entstammen) sind die Vitamin- und Mineralstoffverbindungen, welche seit jeher in Arzneimitteln Verwendung gefunden haben. Deshalb sind diese Substanzen auch schon in der oben erwähnten Art und Weise "erforscht" worden. Die meisten der in jüngerer Zeit entwickelten Nährstoffquellen fanden hingegen nicht in Arzneimitteln Verwendung und die Hersteller müssen somit entweder große Investitionen in der Höhe von hunderttausenden von Euro für jede einzelne Substanz in Rechnung stellen (was unwahrscheinlich scheint, denn sie Nährstoffe können nicht patentiert werden) oder die entsprechenden Stoffe werden vom Markt verschwinden.

Eine andere Möglichkeit mit eventuell noch schlimmeren Folgen ist, daß diese Nährstoffe in einen Schwarzmarkt verdrängt werden, wo Produkte zwar von den Verbrauchern gewünscht werden, aber ihre Existenz von den Regierungen nicht zur Kenntnis genommen wird. Dies wird ernste Folgen haben für die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und könnte sogar den Zweck der Direktive selbst unterwandern. Wenn aufgrund einer gesetzlichen Regelung den Verbrauchern der schwarze Markt als einzige Quelle der von ihnen gewünschten Produkte verbleibt, wäre es dann nicht besser, wir hätten gar keine Direktive?

Dosisbeschränkungen

Auch die Festlegung von den "erlaubten Höchstdosierungen" ist einem obskuren Verfahren überlassen, das nur nach dem Inkrafttreten der Direktive ins Rollen kommen wird. Wir lesen im Artikel 5, daß solche Dosierungsgrenzen der Vitamine und Mineralstoffe nach Inbetrachtziehung von durch wissenschaftliche Risikobewertung bestimten sicheren Höchstdosierungen wie auch von Referenzmengen für die Bevölkerung (den sogenannten RDA, empfohlenen Mindestmengen die zur Vermeidung von Mangelerkrankungen unentbehrlich sind) erarbeitet werden sollen.

Es heißt dann im Artikel 5. 3 wiederum weiter, daß die Höchstmengen nach dem im Artikel 13 festgelegten Verfahren bestimmt werden sollen. Hier sehen wir dann, daß Artikel 13 uns auf die in der Direktive nicht wiedergegebene "Entscheidung 1999/468/EC" verweist.

Im Klartext heißt das dann etwa so: Das SCF (Scientific Committee for Foods - das wissenschaftliche Kommitee für Nahrungsmittel) wird Empfehlungen für "sichere Höchstdosierungen" herausgeben, die auf einer Bewertung der medizinischen Literatur und auf der Anwendung toxikologischer Parameter auf die Daten basieren. In einigen Fällen wird das SCF sagen, es seien nicht genügend Informationen vorhanden, um einen Höchstwert zu bestimmen und in anderen Fällen wird die Entscheidung sein, daß ein Höchstwert überflüssig sei, da nach der Meinung des Kommitees eine Einnahme von über die Tagesempfehlung hinausgehenden Mengen "wissenschaftlich nicht gerechtfertigt" sei. Einige solcher Entscheidungen sind bereits veröffentlicht worden und können im Internet abgerufen werden. Die Adressen stellen wir gerne nach Anfrage zur Verfügung.

Nach diesen Empfehlungen oder auch Nichtempfehlungen des SCF, und nachdem noch "andere Faktoren" in Betracht gezogen werden, welche die europäische Kommission bisher zu quantifizieren abgelehnt hat, wird die Kommission dann eintscheiden, welche nun wirklich die Minimal- und Maximaldosierungen der verschiedenen Nährstoffe sein werden. Natürlich mangelt diesem Verfahren jedwede Transparenz und es ist zu erwarten, daß die Entscheidungen dementsprechend höchst willkürlich ausfallen werden.

Außer der mangelnden Transparenz des Verfahrens, gibt es nun noch ein großes Problem bei der Anwendung der toxikologischen Risikoanalyse auf die Nährstoffe. Die Risikoanalyse wurde als Teil der toxikologischen Verfahren entwickelt, und ihr Zweck ist die Unschädlichmachung von giftigen chemischen Stoffen sowie von Krankheitserregern aller Art in unserer Umwelt. Die grundlegende Annahme hierbei ist, daß diese Stoffe in unserer Nahrungskette nichts zu suchen haben. Für die Nährstoffe ist diese Grundannahme unrichtig - ihre Anwesenheit in der Nahrungskette ist von lebenswichtiger Bedeutung! Deshalb sind die toxikologischen Methoden bei der Bewertung von Nährstoffen nicht anwendbar. Hier sehen wir also nochmals, daß das von der Kommission vorgeschlagene Verfahren für die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher ernste Folgen haben wird, da es droht, eine große Anzahl heute erhältlicher Produkte vom Markt verschwinden zu lassen.

Viele Verbraucher machen sich über diese Entwicklung große Sorgen und sie geben dieser Besorgnis durch das Unterzeichnen einer Petition Ausdruck, welche auf der Internet-Seite von La Leva di Archimede gezeichnet und auch eingesehen werden kann:

http://www.laleva.cc/petizione/petition_index.html

Mehr als 13000 Verbraucher aus aller Welt haben die Petition bereits in den zwei Monaten unterzeichnet, seit sie auf dem Internet verfügbar ist. Die Petition legt den internationalen Gesetzgebern nahe, der freien Wahl der Verbraucher bei ihren Abstimmungen Rechnung zu tragen.

Warum eigentlich gesetzlich regeln?

Was wäre der Zweck einer derart drakonischen Regelung der Herstellung und des Verkaufs von Nahrungsergänzungsmitteln?

Zum einen haben statistische Daten gezeigt, daß diese Produkte einen außergewöhnliche hohen Grad von Sicherheit (Unschädlichkeit) aufweisen, auch in den Ländern, wo ein Großteil der Bevölkerung sie regelmäßig zu sich nimmt. Eine grafische Darstellung der relativen Risiken, d.h. der Todesfälle aufgrund der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln verglichen mit anderen Todesursachen, ist auf der Internet-Seite von La Leva di Archimede abrufbar:

http://www.laleva.cc/petizione/ron_law_tables/tabella_de.html

Diese Grafik ist Teil eines Artikels, der die relative Unschädlichkeit der Nahrungsergänzungsmittel analysiert:

http://www.laleva.cc/petizione/deutsch/ronlaw_de.html

Diese von Ron Law, dem Direktor der National Nutritional Foods Association in Neuseeland erarbeitete Zusammenstellung und Auswertung der statistischen Daten beweist nicht nur den extrem hohen Grad der Unschädlichkeit der seit Jahren auf dem Markt verfügbaren Nahrungsergänzungsmittel. Sie gibt uns auch einen klaren Einblick in die Gefahren, welche von den Arzneimitteln pharmazeutischer Herstellung ausgehen, welche, obwohl "wissenschaftlich erforscht, den Bestimmungen nach registriert, vom Arzt verschrieben und anweisungsgemäß eingenommen", sich zur vierthäufigsten Todesursache entwickelt haben, nach Krebs und Zigarettenrauch, aber noch vor dem Alkohol und den Verkehrsunfällen!

Wir sollten uns angesichts dieser Tatsachen ernsthaft die Frage stellen, ob die auf Medikamente angewandten Verfahren der wissenschaftlichen Überprüfung überhaupt in der Lage sind, den Grad der Unschädlichkeit der Nahrungsergänzungsmittel noch zu verbessern.

Angenommen dies sei wirklich der Fall, was wären dann die sozialen Folgen eines derartigen Vorgehens?

Wir glauben, daß die Gesundheitsfördernde Wirkung der Nahrungsergänzungsmittel, welche in hohem Grade von der Fähigkeit der in diesem Sektor tätigen mittelständischen Unternehmen abhängig ist, mit dem wissenschaftlichen Fortschritt und der Verbesserung der technologischen Möglichkeiten Schritt zu halten, durch die Auswirkungen der Direktive in ihrer jetzigen Verfassung ernsthaft in Frage gestellt würde.

Cui prodest?


Cui prodest - lateinisch für "wer zieht hieraus einen Vorteil?" - dies ist die Frage, die wir uns angesichts der Vielzahl von unlogischen und widersprüchlichen "Lösungen" stellen müssen, die wir in der Direktive finden.

Die Antwort ist, daß einzig die Multis der pharmazeutischen Industrie davon profitieren würden, die Nahrungsergänzungsmittel in eine "pharmazeutische Zwangsjacke" zu stecken. Die Direktive wird ihnen ein sogenanntes "ebenes Spielfeld" garantieren, was auf gut Deutsch heißt: einen Markt, auf dem die Pharmagiganten (unter sich und ohne den störenden Einfluß der mittelständischen Unternehmen) "konkurrieren" können.

Die Kontrolle des Marktes von Nährmittelprodukten wird nach der Verabschiedung der Direktive an die Pharmaindustrie übergehen, denn

- nur große pharmazeutische Unternehmen werden in der Lage sein, die Kosten für die Registrierung neuer Nährstoffquellen zu tragen;

- dieselben pharmazeutischen Unternehmen werden selbstherrlich darüber entscheiden, ob eine neue Nährstoffquelle auf dem Markt der Nahrungsergänzungsmittel oder als Arzneimittel oder, weil gefährlich für den Absatz von Arzneimitteln, überhaupt nicht verkauft werden soll;

- durch die Bewertung der angeblich mit Nährstoffen verbundenen Risiken mittels eines zu diesem Zweck unbrauchbaren Verfahrens der "toxikologischen Risikoanalyse" werden die heute in mehreren Ländern auf dem freien Markt verfügbaren Dosierungen von Vitaminprodukten in Zukunft wesentlich niedriger sein, was den pharmazeutischen Herstellern ermöglicht, einen lukrativen Teil des Geschäfts in eigenen Händen zu behalten, indem die entsprechend höher dosierten Produkte als (teuere) registrierte Arzneimittel angeboten werden.

Dies wird zu einer generellen Anhebung des Preisniveaus führen, nicht zuletzt durch das Ausschalten der Konkurrenz durch die heute im Sektor tätigen mittelständischen Unternehmen.

Für die Verbraucher ist die Folge eine Teuerung der Gesundheitsvor-sorge, insbesondere der Krankheitsvorbeugung, durch eine eingreifende Beschränkung des persönlichen Freiraumes bei der Auswahl von verfügbaren nährstofforientierten Gesundheits-produkten.

Es ist auch anzunehmen, daß staatliche Strategien der Gesundheits-vorsorge, insbesondere der ernährungsbezogenen Vorbeugung gegen Krankheiten, durch eine verminderte Verfügbarkeit von unschädlichen aber wirksamen Nahrungsergänzungsmitteln einen ernsten Rückschlag erleiden werden.

Aus diesen Gründen bitten wir Sie, eine grundlegende Überarbeitung der vorgeschlagenen Direktive zu verlangen und der derzeitigen Fassung Ihre Unterstützung zu verweigern, zumindest so lange, wie eine Versorgung der Verbraucher mit optimal dosierten frei verfügbaren und frei formulierbaren Gesundheitsprodukten nicht sugesichert werden kann.


Mit freundlichen Grüßen

La Leva di Archimede
Vitale Onorato